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EuroCity Tour an den Rand von Europa

Samstag, Oktober 7th, 2023

Es sind zwei Wochen im Herbst, seit langem die ersten Ferien alleine nur für mich. Es zieht mich mal wieder in Richtung Osten. Vor allem will ich diesen Scheißkrieg nicht mehr länger nur anschauen müssen, sondern endlich das Gefühl haben, irgendwas sinnvolles dagegen zu tun.
Ich will also in die Ukraine. Nach reiflicher Überlegung und einiger Recherche fällt die Wahl meines Ziels auf die Lwiw Volunteer Kitchen. Dort wird Essen für die Front gekocht, welches vor Ort nur noch mit heißem Wasser aufgegossen werden muss. Das ist natürlich kein entscheidender Beitrag, sondern eher eine Geste. Ich vermute jedoch, dass diese von den Menschen in der Ukraine schon geschätzt werden wird.
Zunächst muss man aber mal dort hin kommen. Die Informationen sind sehr spärlich. Es ist klar, dass es einen direkten Zug von Wien nach Lwiw gibt. Auf den habe ich es abgesehen. Leider scheint er weder bei der DB noch bei der ÖBB buchbar zu sein. Also ist mein Plan, nach Wien zu fahren und dort zu buchen. In Österreich stellt sich heraus, dass Buchungen von außerhalb Österreichs geblockt werden – warum auch immer. In Wien kann ich dann auch nicht buchen, denn der Zug ist für drei Wochen im Voraus ausgebucht. Also bleibt mir nur der EC nach Przemysl. Der fährt tagsüber und es gibt Tickets für den nächsten Tag. In Przemysl bekomme ich problemlos ein Ticket für den nächsten Tag nach Lwiw. So kann der Einsatz in der Küche nach nur 48 Stunden (München bis Lwiw) beginnen.
Die Zeit in Lwiw ist sehr intensiv. Tagsüber schnippök ich vor allem Gemüse und be- und entlade Lieferwagen. Dabei gibt es schon viel zu erzählen, denn es sind dort Leute aus der ganzen Welt versammelt. Abends bei gutem Essen und Bier geht der Austausch weiter. Die Bedrohung konnte ich übrigens sehr gut verdrängen. Ich habe sogar recht gut geschlafen und den einzigen nächtlichen Luftalarm der Woche verschlafen, da ich mein Telefon ausgeschaltet hatte und die Sirenen in Lwiw sehr dezent warnen.
Nach einer Woche fuhr ich dann wieder zurück. Die erste Etappe mit dem Bus, da ein Zugticket in Lwiw ohne ukrainischen Pass nich zu bekommen war. Ab Przemysl dann per EuroCity nach Budapest – ein paar Tage erholen und die Erkältung auskurieren. Von dort wieder per EuroCity nach München. Hier schreibe ich diese Zeilen, bevor es morgen zurück nach Koblenz geht.

Rangieren an der tschechisch-polnischen Grenze. Dass dabei auch der Speisewagen zurückbleibt, fällt mir leider zu spät auf.

Lwiw Volunteer Kitchen

EuroCity von Przemysl nach Budapest

Fazit:
1. Per EuroCity kommt man an ziemlich viele Ecken von Europa.
2. Leider ist das Buchen der Züge oft noch umständlich und teilweise mit nicht nachvollziehbaren Hürden versehen. Niemand will eine polnische App installieren um einen einzelnen Zug zu buchen nur um dann zu erfahren, dass man auch eine polnische Kreditkarte braucht. Es braucht dringend ein europäisches Buchungsportal für alle Züge in Europa.
3. EuroCity-Züge sind den nationalen Bahnen scheinbar oft lästig und werden vernachlässigt. So werden andere Züge oft vorgezogen und die internationalen Fahrgäste vergessen (stundenlang ohne Verpflegungsmöglichkeit durxh Polen, verpaste Anschlüsse in Österreich,…)
4. Trotz allem ist es eine tolle Möglichkeit zu reisen, wenn man Zeit mitbringt und keine zu engen Termine setzt. Man lernt so auf jeden Fall mehr über die Länder und Menschen, als wenn man drüber weg fliegt.
5. Und umweltfreundlich ist es obendrein.